Die Flugdauer ist aus meiner Sicht ein Wert, über den man nicht diskutieren kann, ohne ihn genau zu definieren. Aber wie kann man ihn definieren? Und geht das überhaupt?
Wir kennen das aus der Automobilindustrie. Die Angaben über den Verbrauch müssen nach einem sehr genau definierten Verfahren ermittelt und angegeben werden. Und dennoch stimmen sie in aller Regel nicht mit den Verbrauchswerten überein, die in der Realität vorkommen.
Inhalt
Flugzeitfaktoren
Die Flugzeit hängt unter anderem von folgenden Faktoren ab.
Vom Nutzer oder Material abhängige Faktoren
- Beladung
- Flugstil (Schweben oder Heizen?)
- Auswuchtung der Propeller
- Verschleiß am Kopter, z.B.:
- Kugellager
- Kontakte der Stecker
- Kabel und ihre Lötstellen
- Verschleiß und Güte des Akkus, z.B.:
- Tatsächliche Kapazität und Balancing der einzelnen Zellen
- Innenwiderstand bzw. C‑Rate und Konditionierung des Akkus
- u.v.m.
Umweltfaktoren
- Temperatur:
- bei Kälte bricht die Spannung des Akkus viel schneller ein
- bei Kälte könnten Kugellager schwergängiger werden (selten)
- Wind
Je stärker der Wind, desto mehr Energie benötigt man, um gegen ihn anzufliegen - Luftdruck bzw. Flughöhe
Der mit dem Propeller produzierte Auftrieb ist umso kleiner, je geringer der Luftdruck ist. In sehr hohen Lagen ist der Luftdruck viel geringer.
Daher kann die Flugzeit nur sehr vage angegeben werden.
Ich könnte z.B. sagen, der alte X350 V1 fliegt ca. 5 – 12 Minuten (so habe ich das ungefähr in Erinnerung). Das wäre eine realistische Angabe. Aber ich denke, dass kaum jemand etwas damit anfangen kann, weil die Werte sich um den Faktor 2 unterscheiden.
Messgrößen? Testverfahren?
Als einen etwas präziseren Wert könnte man den Verbrauch pro Minute nehmen (mAh pro Minute). Man misst hierzu die Flugzeit mit dem Vollen Akku bis zur Landung und wenn der Akku wieder voll aufgeladen wird, schreibt man die mAh Zahl ab, die das Ladegerät anzeigt. Wenn man 2000 mAh wieder in den Akku geladen hat und zehn Minuten geflogen ist, hat man 200mAh pro Minute verbraucht.
Allerdings ist dieser Wert auch abhängig von all den oben angegebenen Faktoren und wissen wir immer noch nicht die Flugzeit des Systems, weil beispielsweise ein 2000 mAh angegebener Akku kaum 2000 mAh im Flug abgeben würde. Die Spannung würde je nach Innenwiderstand bzw. C Rate und sonstigen Gütekriterien der Zellen schon nach 1500 – 1700 mAh so einbrechen, dass ein sinnvolles Fliegen nicht mehr möglich wäre. Und genau das weiß man nie. Wie gut ist der Akku bzw. jede einzelne Zelle davon? Hat man den neuen Akku oft genug benutzt (die ersten Zyklen liefern in der Regel andere Werte)?
Eine Möglichkeit für ein Testverfahren wäre ein definierter Flugtest. Es wäre schön, eine Richtlinie für das Testen der Flugzeit zu entwickeln und dafür einen Prüfstand zu bauen. Dann könnte man eine Serie von bestimmten Akkus kaufen und die dort unter den genau festgelegten Bedingungen testen. Dann wüsste man ungefähr, wie die Flugzeit eines bestimmten Kopters unter diesen Bedingungen ist.
Eine andere Möglichkeit wäre eine mathematische Simulation. Den Akku könnte man mit einer teuren „elektronischen Last” (So heißt das spezielle Laborgerät) testen. Und den Kopter im Flug mit einem Amperemeter. Die Kurven könnte man dann zusammenführen.
Allerdings kann sich eine so ermittelte Flugzeitangabe wie oben genannt schon durch kleine Änderungen der vielfältigen Faktoren stark ändern. Der optimale Wirkungsgrad des Systems kann bei den meisten Koptern schon durch geringfügige Zuladung überschritten werden. Die maximale Flugzeit könnte dann stärker als linear sinken. Und auch geringfügige Änderungen der Umweltbedingungen können die Werte stark beeinflüssen.
Fazit
Flugzeit ist eine Größe, die man nur schwer messen vergleichen kann. Ein Vergleich ist afgrund der vielen Faktoren, die die Flugzeit beeinflussen, nur unter Laborbedingungen möglich und so ein Wert nützt uns wenig.
Daher ist die Angabe der Flugzeit nur in sehr großzügigen Dimensionen wie „10−20 Minuten” möglich. Das ist wenig zufriedenstellend, entspricht aber der Realität.
In der Praxis sollte man m.E. so vorgehen: Testet jeden Akku nach dem Flug einmal mit einem Cell Checker. Wenn er nach dem Abkühlen ca. 3,7 V pro Zelle hat, war die Flugzeit, die ihr damit unter all den oben genannten Bedingungen erflogen habt, für diesen Akku optimal.
Fliegen nach Timer ist eher suboptimal. Eine ständige Überwachung der Akkuspannung per Telemetrie oder wenigstens LiPo Warner („Piepser”) ist sehr Empfehlenswert, da die Flugzeiten je nach den oben genannten Faktoren sehr unterschiedlich sein können.
LVC Failsafe des Kopters, also das automatische Sinken und Landen bei geringer Spannung, ist nur ein Notprogramm und m.E. sollte schon vorher eine Telemetriewarnung mit anschließender Landung durch den Pilot erfolgen. Ich setze nach wie vor die LVC Funktion der Kopter über Mission Planner auf eine sehr geringe Spannung (ca. 3 V pro Zelle) herab. Dafür nutze ich die Telemetriefunktion, um bei einer Spannung von etwa 3,4 – 3,5 V pro Zelle (unter Last) den Flug langsam zu beenden und zu landen.
Wünschenswert wäre eine Einzelzellüberwachung per Telemeteie und nicht bloß die Überwachung der Gesamtspannung, wie es heute bei den Walkera Modellen meistens der Fall ist.
Bei den Faktoren darf der Propeller nicht unerwähnt bleiben!
Es hängt vieles vom Durchmesser und mehr noch von der Steigung (Pitch) ab:
Große Steigung bedingt mehr Kraft der Motoren und damit zwangsläufig einen höheren Strom – was sich letztlich in der Flugdauer niederschlägt.
Idealerweise können nur Versuche mit gleichen Props immer gleichen weiteren beeinflussbaren Faktoren der Realität nahe kommen!
Auswuchten ist natürlich in jedem Falle sinnvoll.
Das ist sehr richtig!
Hier hatte ich hauptsächlich RTF Modelle im Originalzustand vor Augen.
Viele fragen ja, wie lange z.B. X350 Pro fliegt. Da wäre eine Angabe wie “8 bis 18 Minuten“ aus meiner Sicht legitim und präzise.