Wer die Flugsteuerung seines Kopters flasht, hat bei entsprechenden Eigenbauten und bei Walkeras mit SP Racing F3 die Wahl, Cleanflight oder Betaflight zu flashen. Ich erkläre die Unterschiede in der Praxis und helfe bei der Entscheidung.
Inhalt
Cleanflight
Der Name ist Programm: Cleanflight enthält sauberen Code, der für Entwickler gut lesbar und wartbar ist. In Kombination mit automatisierten Testverfahren, die bei der Softwareentwicklung angewendet werden, ist es somit extrem selten, dass ein fieser Bug auftritt, der für böse Überraschungen sorgt. Die Wahrscheinlichkeit, dass es durch Softwarefehler zu kleinen Problemen, wie plötzlich unkontrollierbarem Flugverhalten oder zu größeren wie Totalausfall (inkl. Absturz) kommt, ist gering.
Die Performance von Cleanflight ist dabei gar nicht schlecht. Nach meiner Einschätzung im Acro-Flug besser als MultiWii, APM:Copter und Baseflight. Mit KISS kann Cleanflight aber eher nicht mithalten.
(Auf GPS-Flug gehe ich nicht ein, da das Projekt noch nicht so weit ist, GPS sinnvoll zu nutzen.)
Die Entwicklungsgeschwindigkeit ist mäßig. Ab und zu vergehen Monate, bis ein neuer Release kommt. Updaten ist dabei recht einfach. Es müssen meistens nur geringfügige Anpassungen gemacht werden, um die Einstellungen der Vorgängerversion zu migrieren.
Die Dokumentation ist umfassend, aktuell und einigermaßen verständlich, sodass man kaum Recherche außerhalb betreiben muss, um sich über alles interessante zu informieren.
Betaflight
Auch hier verrät der Name schon einiges. Als „Beta” bezeichnet man in der Softwareentwicklung ein Entwicklungsstadium einer Software, bei dem diese noch nicht vollständig getestet ist. Die Funktionalität liegt dabei meist vollständig vor.
Betaflight ist ein experimenteller Fork von Cleanflight. Die Performance ist zunehmend besser und spielt in der obersten Liga. Abgesehen von KISS traue ich keiner anderen Software, mit Betaflight mithalten zu können. Gerade wenn man eine F3 Flugsteuerung mit SPI nutzt (wie zum Beispiel die SP Racing F3, die mir persönlich sehr gut gefällt) kommt man auf sehr kurze Looptimes.
Auch werden die Algorithmen der PID-Steuerung und das ganze drumherum immer wieder überarbeitet und verbessert. Mit jeder Version fliegt der Kopter noch ein bisschen besser.
Updates kommen immer noch sehr oft. Es kann passieren, dass mehrere Releases pro Woche kommen. Dabei aber auch ab und zu mal ein Hotfix, weil sich ein Fehler in den Code eingeschlichen hat.
Die Dokumenation ist selten aktuell und eher kryptisch geschrieben. Teilweise auch veraltet und offensichtlich lieblos von Cleanflight übernommen. Man ist auf Blogger wie Oscar Liang oder YouTuber wie Joshua Bardwell angewiesen, wenn man so richtig Bescheid wissen will. Diese Leuten leisten zwar hervorragende Arbeit, es ist aber dennoch nicht so simpel wie wenn eine kompakte, übersichtliche Dokumentation direkt beim Projekt zu finden ist.
Da sich bei einem Update sehr viel ändern kann (wenn mal wieder die PID-Implementation geändert wurde, reagieren alle PIDs anders. Ich fange dann jedes Mal von vorne an, den Kopter einzustellen.), hat man tendenziell viel Arbeit an der Backe. Wenn einem das zu schwierig oder zu anstrengend ist, kann einem das schon den Spaß verderben. Denn ganz ehrlich, wer flasht denn eine „Beta” Firmware, um dann dort ewig auf einer Version zu bleiben? Wir wollen ja immer das Neueste und Beste. Also treibt uns Betaflight in die Frickelei.
Empfehlung
Wer wenig Erfahrung mit Kopterflug und Firmwarefrickelei hat, sollte auf jeden Fall zunächst bei Cleanflight bleiben. Der potenzielle Frust durch Softwarefehler ist den Performancegewinn durch Betaflight nicht wert. Und wer weiß schon, ob die Probleme bei der Software auf der Flugsteuerung liegen? Es kann genausogut ein Problem mit der Elektronik sein. Das wissen schon Profis manchmal nicht. Wie soll es ein Anfänger erkennen?
Cleanflight fliegt ja an sich schon richtig gut, also hat man einen guten Kompromiss aus Zuverlässigkeit und Performance.
Erst wenn man den Überblick hat und den Punkt erreicht, wo man so gut fliegt, dass man das Gefühl hat, die Flugsteuerung regelt einem nicht gut genug, dann lohnt sich Betaflight. Es macht Arbeit und manchmal ist es zickig. Mir persönlich macht aber gerade das Spaß und wenn mal wieder der Kopter ein Update hat und das frische Tuning endlich passt (mit der Zeit kriegt man das immer schneller hin), ist man immer wieder erstaunt, dass doch noch eine Steigerung möglich war.
Fazit
Die Entscheidung ist davon abhängig zu machen, wie gut man sich auskennt und wie stark der eigene Enthusiasmus ist. Anfänger oder Leute, die sich möglichst unkompliziert aufs Fliegen stürzen wollen sind mit Cleanflight gut bedient, enthusiastische Stuntflieger, die mit Freuden das letzte aus ihrem Kopter rausholen wollen brauchen Betaflight.
Vielen Dank, für einen Neuling wie mich ist das eine perfekte Einführung und ich habe eine sehr gut ausformulierte Antwort auf meine Frage bekommen 🙂
Vielen Dank, es passiert aktuell doch sehr viel und wenn man neu in diese Materie einsteigen will braucht man Leute wie Dich, um die ersten Hürden und Probleme zu meistern!